Ein Dutzend und ein Neutronensterne

Mit der Hilfe von zehntausenden von Freiwilligen entdeckt das verteilte Rechenprojekt Einstein@Home 13 neue Gammapulsare

11. Januar 2017

Eine Untersuchung, die länger als tausend Jahre auf einem einzelnen Computer gedauert hätte, hat binnen eines Jahres mehr als ein Dutzend neuer schnell rotierender Neutronensterne in Daten des Gammasatelliten Fermi entdeckt. Ein internationales Team unter Leitung von Forschenden des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik in Hannover untersuchte mit der von Freiwilligen aus aller Welt gespendeten Rechenleistung 118 unidentifizierte Objekte aus dem Fermi-Katalog. In 13 entdeckten sie einen rotierenden Neutronenstern im Herzen der Quelle. Alle Entdeckungen sind – nach astronomischen Maßstäben – junge Himmelsobjekte mit einem Alter von mehreren zehn- und hunderttausend Jahren. Zwei von ihnen drehen sich überraschend langsam – gemächlicher als alle anderen bekannten Gammapulsare. Eine andere Entdeckung erfuhr einen sogenannten „glitch“, eine plötzliche Änderung der ansonsten gleichmäßigen Rotation mit unbekannter Ursache.

Hintergrundinformation: Wer hat die Entdeckungen gemacht?

Zehntausende Einstein@Home-Freiwillige, die dem Projekt Rechenzeit gespendet haben, haben die Entdeckungen ermöglicht. Ohne sie hätte die Durchmusterung nicht durchgeführt werden und diese Entdeckungen nicht gemacht werden können. Das Team dankt insbesondere den Freiwilligen, deren Computer die 13 Pulsare entdeckten, die in der ApJ-Publikation vorgestellt werden. (In den Fällen, wo der Name des Freiwilligen unbekannt oder privat ist, geben wir den Einstein@Home-Benutzernamen an.)

PSR J0002+6216: James Drews von der UW-Madison, WI, USA und Ralph Elwell aus Richland, WA, USA; PSR J0359+5414: Whelton A. Miller III, Lincoln University of Pennsylvania & University of Pennsylvania, USA; der ATLAS-Cluster, AEI, Hannover, Deutschland und Philip “Delty” Horney von der GPU Users Group, Fort Wright, KY, USA; PSR J0631+0646: Katagiri, Atsushi aus Kawasaki, Japan und Nicholas Huwar aus Houston, TX, USA; PSR J1057−5851: Syracuse University HTC Campus Grid, NY, USA; Igor Yakushin aus Chicago, IL, USA und das LIGO Laboratory, USA; PSR J1105−6037: der ATLAS-Cluster, AEI, Hannover, Deutschland und Syracuse University HTC Campus Grid, NY, USA; PSR J1350−6225: Petr Ruzicka aus Brno, Tschechische Republik und Bryden Kanngiesser aus Calgary, Canada; PSR J1528−5838: “fred c” und Gabriel Vasquez aus Miami, FL, USA; PSR J1623−5005: Lars Bollwinkel aus Kiel, Deutschland und Greg Dorais aus Martinez, CA, USA; PSR J1624−4041: Xio of NYC und Hung Tran aus Chandler, AZ, USA; PSR J1650−4601: Syracuse University HTC Campus Grid, NY, USA und Eric Schwartz aus Vashon Island, WA, USA; PSR J1827−1446: der ATLAS-Cluster, AEI, Hannover, Deutschland; Igor Yakushin aus Chicago, IL, USA und das LIGO Laboratory, USA; PSR J1844−0346: Aurélien Faucheux aus Antibes, Frankreich und Roger Gulbranson, Ph.D. aus Wickliffe, OH, USA; PSR J2017+3625: Kurt Gramoll, Ph.D., University of Oklahoma, OK, USA und Michael Brandau aus Kassel, Germany.

Hintergrundinformation: Einstein@Home im Überblick

Das Projekt für verteiltes Rechnen verbindet PC-Nutzer aus der ganzen Welt, die freiwillig brachliegende Rechenzeit ihrer Heim- und Bürocomputer und Smartphones zur Verfügung stellen. Mit mehr als 440.000 Teilnehmern ist es eines der größten Projekte dieser Art. Die Gesamtrechenleistung liegt bei rund 1,6 petaFLOPS und würde Einstein@Home einen Platz unter den schnellsten 60 Rechner der Welt sichern.

Seit 2005 durchsucht Einstein@Home Daten der Gravitationswellendetektoren innerhalb der LIGO-Virgo-Science Collaboration (LVC) nach Gravitationswellen von unbekannten, schnell rotierenden Neutronensternen. Ab März 2009 widmete sich Einstein@Home auch der Suche nach Signalen von Radiopulsaren in Beobachtungen des Arecibo Observatoriums in Puerto Rico und des Parkes Observatory in Australien. Seit der ersten Entdeckung eines Radio-Pulsars im August 2010 mit Einstein@Home hat das weltweite Computernetzwerk insgesamt 55 Radiopulsare aus den Daten gefischt. Neu hinzugekommen ist im August 2011 ein Projekt zur Suche nach Gammapulsaren in den Daten des Fermi-Satelliten. Diese hat bislang 21 neue Gammapulsare entdeckt.

Wissenschaftlicher Träger sind das Center for Gravitation and Cosmology an der University of Wisconsin–Milwaukee und das Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut, Hannover) mit finanzieller Unterstützung der National Science Foundation und der Max-Planck-Gesellschaft.

Hintergrundinformation: Schritt für Schritt zum Ziel – die neuen Rechenmethoden

Ihre neuen Methoden verbessern die Suchempfindlichkeit ohne die Rechenkosten dafür zu erhöhen. Sie bestehen aus einem Anfangsschritt, der empfindlicher als in allen vorigen Einstein@Home-Suchen nach Gammapulsaren ist. Dieser erste Schritt produziert eine große Zahl vielversprechender Kandidatensignale, die dann mit einem noch empfindlicheren zweiten Folgeschritt untersucht werden. Dieser zoomt auf den Kandidaten zu und verringert die Unsicherheit in den astrophysikalischen Parametern des Pulsars. Der letzte Untersuchungsschritt wird nicht auf Einstein@Home, sondern auf dem Großrechner Atlas am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik in Hannover durchgeführt.

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