Erfolgreicher Start der Klimaforschungsmission GRACE Follow-On

Satelliten-Paar mit neuartigem Laserinterferometer aus Hannover an Bord erreicht die Erdumlaufbahn

22. Mai 2018

Am 22. Mai 2018 um 12:47 Uhr Ortszeit (21:47 Uhr MESZ) startete das Satelliten-Duo GRACE Follow-On auf einer Falcon-9-Rakete von der Air-Force-Basis Vandenberg in Kalifornien. GRACE Follow-On ist ein Gemeinschaftsprojekt der NASA und deutscher Partner unter Federführung des Deutschen GeoForschungsZentrums. Es wird die erfolgreiche Mission der GRACE-Satelliten fortführen, die 2017 endete: das Erdschwerefeld und dessen Veränderungen präzise vermessen und so Indikatoren von Klimaveränderungen überwachen. Ein unter Federführung des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut; AEI) entwickeltes Laserinterferometer an Bord soll die Messgenauigkeit deutlich erhöhen. Das Interferometer ist das erste seiner Art zwischen Satelliten im All. Es soll nicht nur Pilotprojekt für zukünftige ähnliche Missionen sein, sondern auch auf LISA, das geplante Gravitationswellen-Observatorium im All, vorbereiten.

„Ich bin erleichtert, dass der Start perfekt gelaufen ist. In wenigen Tagen werden wir von Oberpfaffenhofen aus das Laserinterferometer einschalten und kurz darauf die Laserverbindung zwischen den Satelliten herstellen. Das wird sehr aufregend!“, sagt Prof. Gerhard Heinzel, Abteilungsleiter für Weltrauminterferometrie am AEI und Manager des deutschen Beitrags zum Laser Ranging Interferometer (LRI).

„Das LRI ist eine Premiere: das erste Laserinterferometer zwischen zwei Satelliten über eine Distanz von 220 Kilometern im All. Es soll nicht nur das Erdschwerefeld genauer vermessen, sondern auch Pilotprojekt für zukünftige Missionen sein. Die Technologie wurde für das Gravitationswellen-Observatorium LISA entwickelt, und umgekehrt fließen unsere LRI-Erfahrungen in die Planung von LISA mit ein“, ergänzt Prof. Karsten Danzmann, Direktor am AEI und Direktor des Instituts für Gravitationsphysik der Leibniz Universität Hannover.

Zwei Satelliten vermessen das Schwerefeld der Erde

Nach dem Start von Vandenberg, Kalifornien, USA, setzte die Trägerrakete die beiden Satelliten nach zehn Minuten in einer Erdumlaufbahn in einer Höhe von 450 Kilometer aus. In dieser fliegen die beiden GRACE-Follow-On-Satelliten in 220 Kilometer Entfernung hintereinander her. In dieser 90-minütigen Umlaufbahn, die sie über die Pole der Erde führt, dreht sich die Erde unter dem Satellitenpaar, so dass es nach und nach die gesamte Erdoberfläche überfliegt.

Dabei registrieren die Satelliten ihren gegenseitigen Abstand mit hoher Genauigkeit. Die Feinstruktur des irdischen Schwerefelds verändert diesen: beispielsweise beim Überflug über das Himalayamassiv verändert sich der Abstand um 40 Millionstel Meter. Um den Abstand so genau zu vermessen kommt bisher ein radarähnliches Mikrowellen-Interferometer zum Einsatz. Das in GRACE-Follow-On parallel eingebaute Laserinterferometer soll (aufgrund der kürzeren Wellenlänge der verwendeten Strahlung) die erreichbare Messgenauigkeit deutlich steigern.

Präzisere Messungen mit neuartigem Laserinterferometer

So lässt sich das irdische Schwerefeld zukünftig noch genauer vermessen und seine Veränderungen im Verlaufe der Zeit lassen sich präziser verfolgen. Daraus ergeben sich vielfältige Anwendungen insbesondere in der Klimaforschung. Das Abschmelzen der Eispanzer in Grönland und der Antarktis, der Anstieg des Meeresspiegels, Veränderungen in Grundwasserspiegeln, Dürren und Überschwemmungen können so aus dem All verfolgt werden. Diese Daten spielen auch in der Erdvermessung eine zentrale Rolle bei der Festlegung des Geoids, das die Grundlage für Höhenmessungen ist.

Erste Messdaten im Sommer 2018

GRACE Follow-On wird ab Sommer 2018 erste Messdaten liefern, auf die Geodäten und Klimaforscher weltweit dringend warten. Darunter sind auch Mitglieder des DFG-Sonderforschungsbereiches geo-Q am AEI und am Institut für Erdmessung der Leibniz Universität Hannover. Seit zwei Jahren wird hier die Auswertung der neuartigen Daten des Laserinstrumentes vorbereitet.

„Die geplante Missionsdauer von GRACE Follow-On beträgt fünf Jahre. Wir hoffen aber, dass GRACE Follow-On wie der auf fünf Jahre ausgelegte Vorgänger GRACE deutlich länger – nämlich 15 Jahre – funktioniert“, sagt Heinzel.

„Wir sind sehr gespannt darauf wie das Laserinstrument im Weltall funktioniert. In unseren Laboren konnten wir den Betrieb über Laserlaufstrecken von 220 Kilometer in der Schwerelosigkeit des Alls natürlich nicht testen. Wir werden die Messdaten ganz genau analysieren, um daraus Lektionen für zukünftige Missionen und das Gravitationswellen-Observatorium LISA, das im Jahr 2034 als ESA-Mission starten soll, abzuleiten“, erklärt Danzmann.

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Hintergrundinformationen

GRACE Follow-On ist ein Gemeinschaftsprojekt der NASA und deutscher Partner unter Federführung des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ. Es ist der verbesserte Nachfolger der erfolgreichen GRACE-Mission, die von 2002 bis 2017 im Betrieb war.

Das LRI ist eine Kooperation zwischen NASA und deutschen Partnern, unter Federführung des AEI in Hannover auf deutscher Seite. Das LRI-Konzept, seine Prototypen und die technischen Spezifikationen kommen vom AEI, dessen Forscher*innen intensiv an der Entwicklung und den Tests der Flughardware beteiligt waren. Die Entwicklung des LRI beruht auf der langjährigen Partnerschaft des AEI mit dem Jet Propulsion Laboratory der NASA. Bewährt sich das Lasersystem, könnten zukünftige ähnliche Missionen routinemäßig Laser- anstelle der Mikrowelleninterferometer verwenden.

Die deutschen Beiträge zum LRI umfassen das gesamte optische System, bestehend aus einem Umlenkspiegel, gefertigt von Hensoldt (ehemals Zeiss) in Oberkochen, der optischen Bank von SpaceTech GmbH in Immenstaad, welche auf Industrieseite den gesamten deutschen LRI-Beitrag verantwortet, Optoelektronik vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR) in Berlin-Adlershof sowie elektronischen Baugruppen von Apcon AeroSpace & Defence in Neubiberg bei München. Das DLR-Institut für Raumfahrtsysteme in Bremen hat Instrumente zur Kalibrierung und für Tests entwickelt und geliefert. Gebaut wurden die beiden Satelliten im Auftrag der NASA bei Airbus Defence & Space in Immenstaad. Gesteuert werden die Satelliten vom Deutschen Raumfahrtkontrollzentrum (GSOC) in Oberpfaffenhofen bei München.

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