Strings '99 - Auf der Suche nach der Weltformel
Das Programm der Tagung war dicht gepackt. In 46 Vorträgen ging es um Themen wie:
- Quantenphysik von schwarzen Löchern (insbesondere Hawking-Strahlung)
- Schwarze Löcher und ihr "mikroskopische" Erklärung durch die Stringtheorie
- Quantenkosmologie
- Höhere Dimensionen von Raum und Zeit
- Verallgemeinerungen der Stringtheorien, wie z.B. relativistische Membranen, "p-branen" und Matrixmodelle
- Modelle nichtkommutativer Geometrien von Raum und Zeit
- Neue beobachtbare Effekte der Stringtheorie in Astrophysik und Elementarteilchenphysik
- Stringtheorie und konforme Quantenfeldtheorie
- Mathematik und Stringtheorie
Auf allen diesen Teilgebieten hat die Konferenz wichtige Fortschritte gebracht; als wegweisend für künftige Weiterentwicklungen der Stringtheorie könnten sich insbesondere die neuen Ergebnisse über den Zusammenhang von nichtkommutativer Geometrie und Stringtheorie erweisen, welche auf dieser Konferenz erstmals vorgestellt wurden. Hermann Nicolai betont: "Damit könnte es gelingen zu verstehen, wie die Stringtheorie das Raum-Zeit-Kontinuum bei sehr kleinen Abständen auflöst und durch eine 'Quanten-Raum-Zeit' ersetzt".
Federführend bei der Organisation der Tagung war das Albert-Einstein-Institut, mit Sitz in Golm bei Postdam. Vor vier Jahren gegründet, ist es bereits heute eines der bedeutendsten Forschungszentren auf dem Gebiet der Gravitationsphysik. Das Gelingen der Tagung verdankt sich jedoch auch dem besonderen Einsatz und Engagement der weiteren Mitglieder des lokalen Organisationskomitees: Prof. Olaf Lechtenfeld (Universität Hannover), Prof. Jan Louis (Universität Halle), Prof. Dieter Lüst (Humboldt Universität Berlin), der gleichzeitig auch wissenschaftliches Mitglied des Albert-Einstein-Instituts ist, und Dr. Kurt Miesel (Universität Potsdam), sowie einer Vielzahl von Helfern der beteiligten Institutionen.
Öffentlicher Höhepunkt der Tagung war eine Veranstaltung am Samstagnachmittag, zu der das Albert-Einstein-Institut und das Einsteinforum Potsdam in das Auditorium Maximum der Potsdamer Universität eingeladen hatten. Das Interesse der Öffentlichkeit, aus erster Hand über den aktuellen Stand der Forschung in diesem Gebiet zu erfahren, war überwältigend. Weit über tausend Menschen lockte die Aussicht, den weltberühmten Physiker Stephen Hawking, den führenden String Theoretiker Edward Witten, sowie den Experten für relativistische Astrophysik und geschäftsführenden Direktor am Albert-Einstein-Institut, Prof. Bernard F. Schutz, live zu erleben. Die Universität hatte neben dem Auditorium Maximum, das 420 Zuhörern Platz bietet, die Veranstaltung über Video in fünf weitere Hörsäle übertragen, sodass insgesamt über tausend Menschen den Vorträgen folgen konnten. Weitere dreihundert Interessierte versammelten sich auf der Wiese vor dem Auditorium Maximum und lauschten gebannt und mucksmäuschenstill den Worten der Physiker, die mit Lautsprechern nach draußen übertragen wurden.
Die Geschichte der Strings-Konferenzen
Strings '99 in Potsdam war die elfte in der Reihe der "Strings" Konferenzen. Die Tradition der Stringtheoretiker, sich alljährlich auf einer internationalen "Strings" Konferenz zum Austausch neuer Ideen und Ergebnisse zu treffen, nahm ihren Anfang 1985 in Argonne, USA. Im Vorjahr hatten die Physiker John Schwarz und Michael Green die erste Revolution in der Stringtheorie eingeleitet, die hoffen ließ mit Hilfe der Stringtheorie, Quanten- und Gravitationstheorie miteinander zu verbinden. Die Konferenz Strings 1995 in Los Angelos war dann Schauplatz der zweiten Revolution: Ed Witten zeigte, dass sich alle Stringtheorien zu einem Gedankengebäude vereinen lassen. 1997 findet die Strings Konferenz in Amsterdam, und damit erstmals in Europa statt. 1999 ist Deutschland Gastgeber, und etabliert sich damit als bedeutender Teilnehmer an der Suche nach der Weltformel.
Die String Theorie und ihre Entstehung
Zusammenfassung
Für den wissenschaftlichen Laien scheint sich die Physik mit scheinbar völlig verschiedenen Themen zu beschäftigen. Mechanik, Wärmelehre, Optik, Elektrizität, Magnetismus, Atomphysik und Kernphysik sind Beispiele dafür. Aber schon der britische Physiker Maxwell konnte 1873 elektrische, magnetische und optische Erscheinungen der Physik in einheitlicher Weise beschreiben. Im ausgehenden 20. Jahrhundert besitzen wir nun mit Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie und dem Standardmodell der Elementarteilchenphysik physikalische Theorien, die die Naturvorgänge über einen riesigen Bereich von Abständen - vom Durchmesser eines Protons bis zum Durchmesser des sichtbaren Universums - korrekt beschreiben. Und das mittels mathematischer Formeln, welche auf ein Blatt Papier passen!
Die Suche der Physiker nach einer umfassenden vereinheitlichten Theorie stößt jedoch bei dem Versuch, Gravitation und Quantentheorie unter einen Hut zu bringen, auf eine harte mathematische Grenze. Überwunden werden soll sie mit Hilfe der Stringtheorie. Sie interpretiert die Elementarteilchen nicht mehr als punkt- sondern als fadenförmige Gebilde. Damit besteht die Hoffnung, dass mit der Stringtheorie auch der Ursprung der Materie erklärt werden kann.
Die Suche der Physiker nach der vereinheitlichten Theorie rührt auch an die Metaphysik. Die Faszination, die dieser heilige Gral der Physik nicht nur auf Forscher ausübt, ist ungebrochen. Mit den enormen Größenbereichen, welche die Physik überspannt, stößt sie an die Grenzen dessen, was menschlicher Geist überhaupt noch erfassen kann.