Prof. Dr. Heinz Billing ist am 4. Januar 2017 im Alter von 102 Jahren verstorben

Das AEI trauert um Pionier der Gravitationswellenastronomie

9. Januar 2017

Billing muss nicht nur als deutscher Computerpionier in einem Atemzug mit Konrad Zuse genannt werden, er hat sich seit Anfang der 1970er-Jahre auch intensiv mit der Erforschung der Gravitationswellen befasst. Ohne seine Pionierarbeit an grundlegenden Technologien wären Projekte wie GEO600, der britisch-deutsche Gravitationswellendetektor bei Hannover, und das US-amerikanische LIGO (Laser-Interferometer Gravitationswellen-Observatorium) nicht möglich gewesen. Die Krönung seines Lebenswerks – die erste direkte Messung von Gravitationswellen am 14. September 2015 – hat Heinz Billing im stolzen Alter von 101 Jahren noch erlebt.

1914 wurde Billing als Sohn eines Lehrers und späteren Schulrektors geboren. Nach dem Abitur studierte er Mathematik und Physik in Göttingen und München und wurde bereits mit 24 Jahren zum Doktor der Physik promoviert. Er arbeitete bei der Aerodynamischen Versuchsanstalt (AVA) in Göttingen und nach dem Krieg bei deren Nachfolgeinstitution, dem Institut für Instrumentenkunde in der Max-Planck-Gesellschaft.

Heinz Billing und die Gravitationswellendetektoren

Zur Gravitationsphysik kam Billing, als er Anfang der 1970er-Jahre versuchte, die Messungen von Gravitationswellen zu reproduzieren, wie sie der amerikanische Physiker Joseph Weber anhand eines Metallzylinders behauptete. Billing und sein Team wiederholten die Messung mit maßgetreuen Nachbauten und führten zusammen mit einem gleichartigen Zylinder-Projekt in Frascati die längste und damals empfindlichste Koinzidenzmessung durch. Webers Messungen wurden dabei eindeutig widerlegt. 1975 griff Billing den Vorschlag von Rai Weiss vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) auf, Laser-Interferometer für die Messung von Gravitationswellen einzusetzen. Ab 1980 ließ Billing in Garching bei München ein solches Gerät mit einer Armlänge von 30 Metern bauen. Ohne diesen Prototypen und die daran gewonnenen Erkenntnisse wäre das Projekt LIGO zur damaligen Zeit sicher noch nicht entstanden, bestätigte Rai Weiss 2013.

Billings Emeritierung im Jahr 1982 war nicht das Ende seines Einflusses auf die Arbeit an den Gravitationswellen. Denn insbesondere die erfolgreichen, unter ihm gestarteten Experimente, und die in den frühen 1980er-Jahren erreichten Empfindlichkeiten führten zum ersten Vorschlag für den Bau eines deutschen Gravitationswellen-Detektors mit einer Armlänge von drei Kilometern. Mitte der 1990er-Jahre begann schließlich der Bau von Gravitationswellendetektoren in Deutschland (GEO600), den USA (LIGO), Italien (Virgo) und Japan (TAMA). Die deutsch-britische GEO-Kollaboration ist unter den weltweit Führenden in der Entwicklung neuer Detektortechnologie. Beispielsweise gehören die für GEO600 entwickelten Laser-Systeme zu den Kernkomponenten der US-amerikanischen Advanced-LIGO-Detektoren.

Insbesondere dem Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut/AEI) hat Heinz Billing auch nach seiner Emeritierung mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Die Kollegen und Kolleginnen am AEI und an der Leibniz Universität Hannover sind ihm für seine stete Unterstützung sehr dankbar und trauern um einen besonderen Menschen, dessen ganzes Leben der Forschung gewidmet war.

Bruce Allen, Alessandra Buonanno, Karsten Danzmann, Hermann Nicolai und Bernard Schutz für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut) in Potsdam und Hannover und des Instituts für Gravitationsphysik der Leibniz Universität Hannover.

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