LISA Pathfinder: Wissenschaftliche Nutzlast fertiggestellt und in Satelliten integriert

Nächste Schritte: Transport nach Kourou und Start der Mission im Herbst

23. Juni 2015

Nach mehr als zehnjähriger intensiver Entwicklungsarbeit wurde LISA Pathfinders (LPF) hochempfindliche Nutzlast jetzt fertig gestellt und in den Satelliten eingebaut. Die wissenschaftlichen Messinstrumente bilden die Kerneinheit der Mission.

„LISA Pathfinder wird im Weltraum neuartige Technologien erproben, deren Funktions- und Leistungsfähigkeit sich am Erdboden nicht oder nur eingeschränkt testen lassen. Damit wird die Mission den Weg für das Gravitationswellen-Observatorium eLISA ebnen,“ sagt Prof. Dr. Karsten Danzmann, Direktor am AEI und Professor an der Leibniz Universität Hannover. eLISA (evolved Laser Interferometer Space Antenna) soll im Jahr 2034 starten.

Die beteiligten Wissenschaftler bereiten jetzt mit Hochdruck den Missionsbetrieb des Satelliten vor. In der Zwischenzeit werden von der Industrie (Airbus DS) unter Aufsicht der ESA die letzten Funktions- und Umwelttests des kompletten Satelliten durchgeführt. Für August ist der Transport des Satelliten zum ESA-Weltraumbahnhof in Kourou/Frz. Guayana geplant und der Start der Mission auf einer Vega-Rakete für den Herbst. Sobald LPF sein Ziel erreicht hat, geht es los: Über einen Zeitraum von einigen Monaten werden die Wissenschaftler die hochpräzisen Messtechnologien an Bord testen und dabei im ständigen Dialog mit dem Satelliten stehen.

LISA Pathfinder ist eine Mission der ESA. Daran beteiligt sind europäische Raumfahrtunternehmen, Forschungseinrichtungen aus Frankreich, Deutschland, Italien, den Niederlanden, Spanien, der Schweiz, und Großbritannien sowie die NASA.

Das Präzisionsmesssystem für LISA Pathfinder wurde unter der Federführung und mit maßgeblicher Beteiligung des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut/AEI) in Hannover entwickelt und gebaut. Prof. Dr. Karsten Danzmann hat zusammen mit Prof. Stefano Vitale von der Universität Trento, Italien, die wissenschaftliche Leitung des Projekts inne.

LISA Pathfinder wird aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert.

Hintergrundinformationen nach dem Seitenumbruch

Das hochempfindliche Messsystem von LISA Pathfinder

In den zwei separaten Vakuumtanks der wissenschaftlichen Nutzlast von LPF sollen während des Missionsbetriebs jeweils eine würfelförmige Testmasse von zwei Kilogramm (nahezu) frei von allen inneren und äußeren Störkräften schweben und so die präzise Vermessung einer kräftefreien Bewegung im Raum demonstrieren. Eine spezielle Gold-Platin-Legierung sorgt dafür, dass auf die Massen keine magnetischen Kräfte wirken; eine berührungslose Entladung mit Hilfe von UV-Strahlung stellt sicher, dass keine elektrostatische Aufladung erfolgt. Eine besondere Herausforderung stellt dabei der sogenannte Caging-and-Grabbing-Mechanismus dar, der die Testmassen während der heftigen Vibrationen beim Start von LISA Pathfinder sichert, sie kontrolliert freigibt und sie gegebenenfalls auch wieder einfängt. Mittels Laserinterferometrie werden die Positionen und die Ausrichtung der beiden Testmassen relativ zum Satelliten und zueinander mit bisher unerreichter Genauigkeit von etwa 10 Pikometern (ein hundertmillionstel Millimeter) gemessen. Darüber hinaus werden die Positionen über kapazitive Inertialsensoren mit geringerer Genauigkeit erfasst. Die Messdaten werden dazu verwendet, mit Hilfe eines „Drag-Free Attitude Control System (DFACS)“ die Sonde so zu steuern, dass sie gewissermaßen stets auf eine der Testmassen zentriert bleibt. Die eigentliche Lageregelung des Satelliten erfolgt dabei durch Kaltgas-Mikro-Newton-Triebwerke. Diese ermöglichen eine extrem feine und gleichmäßige Regelung des Antriebschubs. Die Schubkräfte liegen im Bereich von Mikronewton – dies entspricht der Gewichtskraft eines Sandkorns auf der Erde.

Wegbereiter für eine neue Astronomie

LISA Pathfinder ist Wegbereiter für eLISA, ein großes Weltraumobservatorium, das eines der am schwersten fassbaren astronomischen Phänomene direkt beobachten soll – Gravitationswellen. Diese von Albert Einstein vorhergesagten, winzigen Verzerrungen der Raumzeit erfordern eine sehr empfindliche und hochpräzise Messtechnologie. Weltraumobservatorien wie eLISA werden Gravitationswellen mit Frequenzen im Millihertz-Bereich nachweisen. So ergänzen sie irdische Detektoren wie GEO600, aLIGO und Virgo, die bei höheren Frequenzen (im Audiobereich) messen. Im Zusammenspiel mit anderen astronomischen Methoden werden diese Gravitationswellenobservatorien bisher noch unbekannte Bereiche, gewissermaßen die „Dunkle Seite des Universums“, beobachten. Beispielsweise wird man verfolgen können, wie massereiche schwarze Löcher entstehen, wachsen und miteinander verschmelzen. Außerdem wird es möglich sein, Aussagen der Allgemeinen Relativitätstheorie zu überprüfen und nach unbekannter Physik zu suchen.

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