Wie sehen Gravitationswellen aus?

Giulio Rampa Thesis-Preis für David Radice

30. Juni 2014

Für seine exzellente, am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik angefertigte Doktorarbeit über relativistische numerische Simulationen erhält Dr. David Radice den diesjährigen Giulio Rampa Thesis-Preis. Die von der Universität Pavia vergebene Auszeichnung ist mit 2.000 Euro dotiert und wird am 28. November im Rahmen der feierlichen Eröffnung des Akademischen Jahres an der Universität Pavia verliehen.

Dr. Radices Arbeit behandelt eine Vielzahl neuer numerischer Ansätze zur Lösung hydrodynamischer Gleichungen auf dem Gebiet der Relativitätstheorie. Eines der wichtigsten Ergebnisse ist die Untersuchung von Gravitationswellen, die bei der Verschmelzung zweier Neutronensterne entstehen. Radices numerischer Code liefert genauere Wellenformen zum „günstigeren Preis“, weil die benötigte Rechenleistung von Supercomputern geringer ist. Die Kenntnis dieser exakten Wellenformen ist ausschlaggebend, um wissenschaftliche Erkenntnisse über die Physik der Neutronensterne aus Gravitationswellenmessungen herauszufiltern, die Physiker in naher Zukunft erwarten.

Die Jury, mit den Professoren Gerhard Huisken (Universität Tübingen, Vorsitzender), Lars Andersson (Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik) und Mauro Carfora (Universität Pavia), schreibt in ihrer Laudatio: „Die Forschung, die Dr. Radice auf so vielen verschiedenen wissenschaftlichen Gebieten angestoßen hat, hat den Kenntnisstand enorm erweitert. Damit ergeben sich neue Einblicke und Lösungen für seit vielen Jahren offene Fragen. (...) Die große Bedeutung, welche die Arbeit von Dr. Radice bereits jetzt hat, kann auch in Zukunft nur weiter wachsen.“

Hochenergetische astrophysikalische Phänomene simulieren

Starke Gravitation und relativistische Plasmaströme gehören zu den Grundvoraussetzungen für hochenergetische astrophysikalische Ereignisse. Dies sind beispielsweise kurze und lange Gammastrahlenausbrüche, Sternenexplosionen und relativistische Materieausflüsse von akkretierenden Schwarzen Löchern. Auch für die Simulation von Doppelsternsystemen aus Neutronensternen oder aus Schwarzen Löchern und Neutronensternen gelten die relativistischen Gleichungen der Hydrodynamik. Solche Systeme zählen zu den besten Quellen für die zukünftigen Gravitationswellendetektoren: für Advanced LIGO, Advanced Virgo und KAGRA.

In den vergangenen zehn Jahren haben Astrophysiker das Verständnis dieser Phänomene maßgeblich durch Ergebnisse aus gewaltigen, nicht-linearen numerischen Rechnungen vorangebracht. Ausschlaggebend dabei war der Wechsel zu weiterentwickelten numerischen Modellen, die relativistische Stoßwellen korrekt abbilden können. Außerdem wurden die Modelle immer „physikalischer“, indem etwa Magnetfelder oder realistische Zustandsgleichungen einbezogen wurden. Diesem Trend folgend liegt der Schlüssel zum Verständnis dieser astrophysikalischen Phänomene sowohl in besseren numerischen Werkzeugen als auch in genaueren physikalischen Beschreibungen.

Bemerkenswert an Radices Doktorarbeit ist, dass er zu beiden Aspekten beigetragen hat: Zum einen arbeitete er an der Einbindung von Neutrinostrahlung und der schwachen Wechselwirkung in die numerischen Codes. Gleichzeitig entwickelte er neue genaue und effiziente Algorithmen für die Simulation relativistischer Systeme.

Der Preis wird von der Universität Pavia im Gedenken an Giulio Rampa verliehen. Alle zwei Jahre wird damit ein Hochschulabsolvent für außerordentliche Forschungsleitungen in mathematischer oder numerischer Relativitätstheorie ausgezeichnet. Der Preis – bestehend aus einem Zertifikat und einem Scheck über 2.000 Euro – wurde 2011 ins Leben gerufen und wird von Nadia und Giorgio Rampa finanziert. Die Verleihung findet am 28. November 2014 im Rahmen der jährlichen feierlichen Eröffnung des Akademischen Jahres in Pavia statt.

Dr. David Radice studierte mathematische Ingenieurswissenschaften am Politecnico di Milano. Nach seiner Masterarbeit promovierte er am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut) in Potsdam-Golm. Er schloss seine Arbeit 2013 mit der Bestnote summa cum laude ab. Seit 2013 forscht er mit einem Stipendium für theoretische Astrophysik und Relativitätstheorie am California Institute for Technology in Pasadena, Kalifornien.

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