Hannoveraner Spitzentechnologie für Gravitationswellen-Detektor Virgo in Italien
Eine am Albert-Einstein-Institut entwickelte Quetschlichtquelle soll Virgo zukünftig noch empfindlicher ins All lauschen lassen
Ein Forschungsteam des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut; AEI) Hannover und des Instituts für Gravitationsphysik der Leibniz Universität Hannover hat für den Gravitationswellen-Detektor Virgo nahe Pisa fortschrittliche Spitzentechnologie – eine sogenannte Quetschlichtquelle – entwickelt. Nun lieferten Hannoveraner Forschende den Aufbau dorthin, nahmen ihn in Betrieb und übergaben ihn an die Virgo-Kolleg*innen. Damit soll Virgo ab Herbst 2018 gemeinsam mit dem weltweiten Netzwerk der Gravitationswellen-Detektoren empfindlicher nach Einsteins Gravitationswellen lauschen als jemals zuvor.
GEO600: Ideenschmiede der weltweiten Gravitationswellen-Forschungsgemeinschaft
„Beim deutsch-britischen Gravitationswellen-Detektor GEO600 nahe Hannover kommt seit 2010 eine Quetschlichtquelle routinemäßig zum Einsatz. Sie hat das von GEO600 belauschte Universum bis zu viermal vergrößert“, sagt Prof. Dr. Karsten Danzmann, Direktor am AEI Hannover und Direktor des Instituts für Gravitationsphysik der Leibniz Universität Hannover. „Die Entwicklung und Perfektion dieser Spitzentechnologie ist ein weiteres erfolgreiches Kapitel in der Geschichte von GEO600 als Ideenschmiede der weltweiten Gravitationswellen-Forschungsgemeinschaft.“
Vorbereitungen für die nächste Etappe der Gravitationswellen-Astronomie
Die beiden US-amerikanischen LIGO-Instrumente und der Virgo-Detektor in der Toskana werden derzeit in Vorbereitung auf den nächsten gemeinsamen Beobachtungslauf „O3“, der im Herbst 2018 beginnen soll, weiter ausgebaut und verbessert.
Mit O3 soll die kürzlich begonnene Gravitationswellen-Astronomie durchstarten: Die weltweite Forschergemeinschaft erwartet eine Vielzahl weiterer Gravitationswellensignale von verschmelzenden Schwarzen Löchern und erneute Nachweise verschmelzender Neutronensterne.
Virgo erhielt dafür nun eine wertvolle Ergänzung aus Hannover: Eine sogenannte Quetschlichtquelle soll die Empfindlichkeit von Virgo mit dem Beginn von O3 deutlich verbessern. Der maßgeschneiderte Aufbau ist eine Dauerleihgabe des AEI an Virgo und hat einen Wert von rund 400.000 Euro.
Fingerabdrücke der Quantenmechanik
In allen interferometrischen Gravitationswellen-Detektoren (LIGO, Virgo und GEO600) ist die Empfindlichkeit für die Kräuselungen der Raumzeit, die von kosmischen Großereignissen zeugen, von quantenmechanischen Effekten grundlegend begrenzt. Diese rufen ein Hintergrundrauschen hervor, welches das mittels Laserlicht zu messende Gravitationswellensignal überlagert.
„Dieses Hintergrundrauschen tritt selbst bei vollkommener Dunkelheit auf und lässt sich niemals vollkommen beseitigen. Wir können es aber so verändern – wir nennen das dann quetschen –, dass es die Gravitationswellen-Messung weniger stört“, sagen Dr. Henning Vahlbruch und Dr. Moritz Mehmet vom AEI Hannover, die die Quetschlichtquelle gebaut und am Virgo-Detektor in Betrieb genommen haben. „Unser Aufbau erzeugt gewissermaßen eine Dunkelheit, die besser ist als die Natur normalerweise erlaubt – mit diesem veränderten Rauschen steigern wir die Empfindlichkeit der Detektoren.“
Zukunftstechnologie Quetschlicht
Die Empfindlichkeit aller interferometrischen Gravitationswellen-Detektoren lässt sich langfristig nur durch die Verwendung von ähnlichen Quetschlichtquellen weiter steigern. Auch geplante Detektoren der dritten Generation wie das europäische Einstein Teleskop werden auf diese Technologie angewiesen sein.