An der Schwelle zur Gravitationswellenastronomie

Londoner Science Museum präsentiert Exponate aus der aktuellen Gravitationswellenforschung. Eröffnung der Ausstellung Cosmos & Culture am 23. Juli.

21. Juli 2009

Das AEI stellt dafür das Modell eines LISA-Satelliten in Originalgröße zur Verfügung.

Hintergrundinformationen

Cosmos & Culture – Die Ausstellung
Seit der Steinzeit beobachten die Menschen die Sterne. Der Himmel war für die Menschheit Uhr und Kompass und immer auch eine Quelle der Wunder. Unser Verständnis des Universums hat sich seit den Anfängen immer wieder verändert, ebenso wie die Astronomie selbst, die als Wissenschaft begeistert und fasziniert. Die Sonderausstellung des Londoner Science Museum erzählt mit einer einzigartigen Sammlung die Geschichten von Menschen und Sternen. Cosmos & Culture schlägt den Bogen vom historischen Erbe der astronomischen Antike bis zu innovativen und wegbereitenden Technologien des 21.Jahrhunderts. Die Messung von Gravitationswellen ist in diesem Zusammenhang eine besondere Herausforderung – und eine Quelle völlig neuer Erkenntnisse über Zeit und Raum.

Gravitationswellenastronomie
Schon heute können wir das Universum in vielen Wellenlängen beobachten: mit Hilfe von Teleskopen, das Weltall im optischen, infraroten, Gamma- oder auch Röntgen-Bereich untersuchen. Mit der Gravitationswellenastronomie werden wir zum ersten Mal ins Universum lauschen können - und vollkommen neue Einblicke erhalten. Wir werden kollidierende Schwarze Löcher und auch das Echo des Urknalls hören können – und viel über die Entwicklung unseres Universums lernen. Es gibt noch viel zu entdecken, denn noch immer sind 96 % des Universums unbekannt. Der direkte Nachweis von Gravitationswellen gehört also zu den spannendsten Aufgaben der modernen Physik. Gravitationswellen wurden 1916 von Albert Einstein in seiner Allgemeinen Relativitätstheorie vorhergesagt. Sie entstehen beispielsweise, wenn zwei Schwarze Löcher miteinander kollidieren. Diese winzigen Verzerrungen der Raumzeit werden wir bald tatsächlich hören können. Wie winzig Gravitationswellen sind, wird an einem Beispiel deutlich: Gravitationswellen einer Supernova- Explosion in einer Nachbargalaxie ändern die Länge einer 1 km langen Teststrecke auf der Erde nur um ein Tausendstel eines Protonendurchmessers und das auch nur für einige tausendstel Sekunden.

Gravitationswellenobservatorien auf der Erde – Technologie und Ausblick
Gegenwärtig arbeiten mehrere Gravitationswellendetektoren der ersten Generation: Der deutschbritische Gravitationswellendetektor GEO600 ist in der Nähe von Hannover angesiedelt und wird von Forschern des AEI sowie den britischen Universitäten Glasgow, Cardiff und Birmingham betrieben. Finanziert wird das GEO-Projekt von der Max-Planck-Gesellschaft sowie dem britischen Science and Technologies Facilities Council (STFC). GEO600 spielt in der Technologieentwicklung weltweit eine Vorreiterrolle und gilt als internationaler Think Tank der Gravitationswellenforschung. In Forschung, Technologieentwicklung und Datenauswertung arbeiten die GEO-Wissenschaftler eng mit ihren amerikanischen Kollegen vom LIGO-Projekt zusammen. Darüber hinaus sind das französischitalienisch- niederländische Virgo-Projekt, das japanische TAMA- und das australische AIGO-Projekt in die internationale Kooperation eingebunden.

Jedes der L-förmigen Interferometer nutzt einen Laser, dessen Licht in zwei Strahlen geteilt wird. Diese Laserstrahlen laufen in einer Vakuumröhre zwischen zwei Spiegeln immer hin und her. Mit Hilfe der Laserstrahlen wird die Entfernung zwischen den exakt positionierten Spiegeln gemessen. Durchquert eine Gravitationswelle den Detektor müsste sich nach Albert Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie die Entfernung der Spiegel zueinander geringfügig ändern, wenn eine Gravitationswelle – eine Verformung der Raumzeit, die von massiven beschleunigten Objekten auf die Reise durchs Universum geschickt wird – den Detektor passiert. Das Interferometer ist so empfindlich, das es eine Längenänderung des Laserarms von weniger als einem Tausendstel des Durchmessers eines Atomkerns erkennen kann.

Im Laufe des nächsten Jahrzehnts werden alle derzeit arbeitenden interferometrischen Gravitationswellendetektoren, also GEO600, LIGO und Virgo, zu Instrumenten der zweiten Generation aufgerüstet.

LISA, das Gravitationswellenobservatorium im All
Ab etwa 2020 wird LISA die erdgebundenen Gravitationswellendetektoren ergänzen und noch tiefer ins Universum hören. LISAs enorme Empfindlichkeit wird genaueste Messungen und damit einen Blick weit zurück in die Geschichte unseres Universums ermöglichen, wie es mit keiner anderen Technologie möglich ist. Neben vielen anderen Ergebnissen wird LISA mit großer Präzision beobachten, wie Schwarze Löcher miteinander verschmelzen und größere Schwarze Löcher entstehen. Mit LISA werden Wissenschaftler außerdem schon vor einem Ereignis, wie der Verschmelzung von zwei superschweren schwarzen Löchern, ihren Kollegen an den optischen Teleskopen sagen können, in welche Richtung sie schauen müssen. LISA wird auch solche Ereignisse beobachten können, die weit in der Vergangenheit stattgefunden haben – bis hin zu den ersten dieser Art überhaupt.

Außerdem wird LISA die „Geschichte der Ausdehnungsgeschwindigkeit unseres Universums“ ermitteln können und ganz wesentlich dazu beitragen, die physikalischen Eigenschaften der mysteriösen „Dunklen Energie“ aufzuklären – sie treibt heute mit immer größerer Geschwindigkeit die Expansion des Universums voran. LISAs Möglichkeit die Ausdehnung des Universums zu messen, basiert auf einer Entdeckung von AEI-Direktor Bernard Schutz im Jahr 1986: Er wies nach, dass man aus den Gravitationssignalen von umeinander kreisenden Schwarzen Löchern exakt ihre Entfernung zu uns ableiten kann. Dies ist die zuverlässigste Entfernungsmessung, die Astronomen heute für so immens große Distanzen zur Verfügung steht.

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