Die Zukunft der Gravitationswellen-Astronomie

Expert*innen diskutieren die wissenschaftlichen Grundlagen für die nächste Generation von Gravitationswellen-Observatorien auf der Erde

28. September 2018

Am 1. und 2. Oktober findet das Third-Generation Science-Case Consortium Meeting am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut/AEI) in Potsdam statt. Expert*innen aus der ganzen Welt werden sich treffen, um die wissenschaftlichen Grundlagen und den Plan für die nächste Generation von Gravitationswellen-Detektoren auf der Erde zu diskutieren. Sie werden den Weg für neue revolutionäre Observatorien ebnen, die etwa zehnmal empfindlicher sein werden als die bestehenden Instrumente. Dies wird es ermöglichen extreme Schwerkraft und Materie, Kosmologie, Astrophysik und fundamentaler Physik ganz neuartig zu erforschen und wird  das Potenzial erschließen, Gravitationswellen von den ersten Augenblicken des Universums zu beobachten.

Die ersten Beobachtungen von Gravitationswellen von schwarzen Löchern und Neutronensternen läuteten die Astrophysik mit Gravitationswellen und die Multi-Messenger-Astronomie ein. Die aktuelle (zweite) Generation von Observatorien ist jedoch nicht empfindlich genug für präzise astronomische Untersuchungen der Quellen von Gravitationswellen und des Wesens der Schwerkraft. Auf einer Konferenz am AEI in Potsdam bereiten sich die Wissenschaftler*innen auf die nächste Generation von Gravitationswellen-Observatorien auf der Erde vor.

„Der Erfolg von Gravitationswellen-Experimenten beruht auf unserer Fähigkeit, ausgefeilte Technologie- und Datenanalysealgorithmen zu entwickeln und präzise theoretische Vorhersagen über die Wellenformen zu treffen“, sagt Prof. Dr. Alessandra Buonanno, eine der Organisator*innen des Treffens. „Ziel dieses Workshops ist es, die wissenschaftlichen Ziele der Gravitationswellen-Observatorien der dritten Generation zu identifizieren und zu diskutieren, was wir im nächsten Jahrzehnt entwickeln müssten, um das Forschungspotenzial dieser ultrasensitiven Instrumente voll auszuschöpfen.“ Dazu gehört die Entwicklung neuer Methoden zur Vorhersage genauer Wellenformen der Quellen, die Entwicklung schneller und effizienter Datenanalysemethoden zur Beobachtung komplexer Signale und die Ableitung einzigartiger Informationen daraus. „Mit der neuen Instrumentengeneration werden wir erforschen, wie schwarze Löcher und Neutronensterne entstehen und werden ihre astrophysikalische Umgebung untersuchen. Wir werden verstehen, ob dunkle Materie aus schwarzen Löchern bestehen kann, und die Existenz neuer ultraleichter Elementarteilchen und exotischer astrophysikalischer Objekte wie Bosonensterne untersuchen", erklärt Buonanno.

Planung für die nächste Generation: Einstein-Teleskop und Cosmic Explorer

Die Wissenschaftler*innen entwickeln konkrete Pläne für ein Netzwerk von zukünftigen Gravitationswellen-Observatorien. Die Detektoren der dritten Generation werden den gesamten Bereich der auf der Erde messbaren Gravitationswellen-Frequenzen – zwischen etwa 1 Hz und 10 kHz – abdecken und ein Volumen des Universums beobachten können, das etwa 1000 mal größer ist als das, das aktuellen Observatorien zugänglich ist. Konzepte für die neue Detektorgeneration werden sowohl in den USA („Cosmic Explorer“) als auch in Europa („Einstein-Teleskop“) diskutiert. Die europäischen und US-amerikanischen Observatorien der dritten Generation werden als Netzwerk zusammenarbeiten, um umfassende wissenschaftliche Ergebnisse zu erzielen.

Das Gravitational Wave International Committee (GWIC), ein Zusammenschluss internationaler Forscher*innen, koordiniert die Planung für die dritte Generation von Gravitationswellen-Detektoren auf der Erde. Derzeit werden folgende Themen diskutiert

  • die wissenschaftlichen Fragen, die von der dritten Detektorgeneration zu beantworten sind,
  • die notwendigen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten,
  • die Koordination innerhalb der Gemeinschaft der Gravitationswellen-Forscher*innen und
  • Finanzierungs- und Kontroll-/Managementfragen.

Dazu gehören die Identifizierung geeigneter Technologien, der Vergleich spezifischer technischer Ansätze, die Klärung des Forschungs-, Zeit- und Finanzierungsbedarfs, die Koordinierung und Harmonisierung globaler Aktivitäten, um alle notwendigen Forschungsaspekte abzudecken und unnötige Parallelarbeit zu vermeiden. Ein erster Bericht über die aktuelle Situation und die nächsten Schritte sollte etwa Mitte 2019 vorliegen.

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