LISA Pathfinder – der ruhigste Ort im All

Neue Ergebnisse von LISA Pathfinder übertreffen die Anforderungen für das zukünftige Gravitationswellen-Observatorium LISA bei weitem

5. Februar 2018

Die endgültigen Ergebnisse des ESA-Satelliten LISA Pathfinder (LPF) wurden heute veröffentlicht. Das LPF-Team – darunter Forschende des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik in Hannover und der Leibniz Universität Hannover – verbesserte die ersten Ergebnisse von Mitte 2016 signifikant; zum Einsatz kamen neue Daten, die vor dem Ende der Mission gewonnen wurden. LPF hat nun die Anforderungen an Schlüsseltechnologien von LISA, dem zukünftigen Gravitationswellen-Observatorium im All, um mehr als einen Faktor zwei im gesamten Beobachtungsband übertroffen. LISA soll im Jahr 2034 als ESA-Mission ins All starten und wird mit der Messung niederfrequenter Gravitationswellen von verschmelzenden extrem massereichen schwarzen Löchern aus dem gesamten Universum und zehntausenden Doppelsternen in unserer Galaxie „lauschen“.

Ein grandioser Anblick

„LISA Pathfinder hat die Schlüsseltechnologien für LISA, das zukünftige Gravitationswellen-Observatorium im All, wundervoll gezeigt: der perfekte ungestörte freie Fall zweier würfelförmiger Testmassen im Herzen des Satelliten“, sagt Prof. Karsten Danzmann, Direktor am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik in Hannover und Direktor des Instituts für Gravitationsphysik der Leibniz Universität Hannover, der außerdem Co-Principal Investigator des LISA Technology Package ist. „Die Ergebnisse der ersten Missionswochen haben uns schon total überwältigt, aber die Endergebnisse mit mehr und besseren Daten und einem tieferen Verständnis unseres Weltraumlabors LPF sind ein wirklich grandioser Anblick.“

Während die ersten LPF-Ergebnisse bereits die LISA-Anforderungen bei hohen Frequenzen (über 0,01 Hz) übertrafen, zeigt die neue Veröffentlichung, dass die Anforderungen um mehr als einen Faktor zwei bis hinunter zu 0,00002 Hz – im gesamten LISA-Messband – übertroffen werden.

Zwei Gold-Platin-Würfel am ruhigsten Ort des Alls

Eine Kombination von mehreren Effekten erlaubte den LPF-Forscher*innen, die ersten Ergebnisse zu verbessern, die verbleibenden Störquellen zu reduzieren und eine noch ruhigere Umgebung für die zwei würfelförmigen Gold-Platin-Testmassen zu erstellen:

  • Nach mehreren Monaten des Belüftens der Testmassen-Vakuumkammern zum All fiel ihr Restgasdruck, der bisher die Messungen begrenzte, um einen Faktor 10.
  • Die Verfügbarkeit von mehr Daten führte zu einem besseren Verständnis der kleinen Scheinkraft, die auf die Würfel wirkte und die von der Bahn des Satelliten und seiner Ausrichtung im All verursacht wurde. Verbesserte Steuerung in LISA wird diesen Effekt weiter reduzieren.
  • Eine genauere Berechnung der elektrostatischen Kräfte der elektrischen Systeme und magnetischen Felder an Bord des Satelliten eliminierte nun außerdem eine systematische Quelle von niederfrequentem Rauschen.
  • Datenanalyse erlaubte den Wissenschaftler*innen die Auswirkungen zusätzlicher sporadischer Ereignisse („glitches“) zu entfernen, um das Hintergrundrauschen bei noch niedrigeren Frequenzen als erwartet zu vermessen.

Diese Demonstration von nahezu perfektem Freifall von zwei Testmassen über ein breites Frequenzband ist ein entscheidender Meilenstein für die LISA-Mission und zukünftige Multi-Messenger-Astronomie in Zusammenarbeit mit anderen (elektromagnetischen) Observatorien.

Das erste Laserinterferometer im All

Außerdem arbeitete das LPF-Laserinterferometer – das erste jemals im All – mehr als 100-mal besser als die Anforderungen und 30-mal besser als jemals zuvor in irdischen Labors. Es ermöglichte die detaillierte Untersuchung von winzigen unterschwelligen Rauschquellen und Artefakten und half so in Vorbereitung auf LISA weitere Erfahrung zu sammeln und Vertrauen zu gewinnen. Dieses optische Präzisionsmesssystem wurde unter Federführung und mit maßgeblicher Beteiligung von Forschenden des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik und von der Leibniz Universität in Hannover entwickelt und gebaut.

Die Zukunft der Gravitationswellen-Astronomie mit LISA

LISA soll 2034 als Mission der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) ins All starten. Unterstützt wird die Mission von vielen ESA-Mitgliedsstaaten, der NASA und zahlreichen Wissenschaftler*innen in einer engen transatlantischen Zusammenarbeit.

LISA wird aus drei Satelliten bestehen, die mit Lasern ein gleichseitiges Dreieck mit ca. 2,5 Millionen Kilometern Kantenlänge aufspannen. Durch diesen Formationsflug im All laufende Gravitationswellen verändern diese Abstände um ein Billionstel Meter.

LISA wird niederfrequente Gravitationswellen mit Schwingungsperioden von 10 Sekunden bis zu mehr als einem halben Tag messen, die mit Detektoren auf der Erde nicht beobachtet werden können. Solche Gravitationswellen stammen beispielsweise von extrem massereichen schwarzen Löchern, millionenfach schwerer als unsere Sonne, die im Zentrum von Galaxien verschmelzen, den Bahnbewegungen zehntausender Doppelsternsysteme unserer Galaxie stammen und möglicherweise exotischen Quellen wie kosmischen Strings.

LISA Pathfinder

LISA Pathfinder ist eine ESA-Mission mit wichtigen Beiträgen von deren Mitgliedsstaaten und der NASA. Die LISA-Technology-Package-Nutzlast wurde von mehreren nationalen Forschungsförderungsorganisationen und der ESA geliefert, insbesondere von: Italien (ASI), Deutschland (DLR), Großbritannien (UKSA), Frankreich (CNES), Spanien (CDTI), Schweiz (SSO) und den Niederlanden (SRON). LISA Pathfinder hat außerdem die Disturbance-Reduction-System-Nutzlast an Bord, die die NASA bereitstellte. Das Albert-Einstein-Institut und das Institut für Gravitationsphysik der Leibniz Universität Hannover sind verantwortlich für und koordinieren die deutschen Beiträge zur Mission.

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