Ein hochpräziser Prüfstand für LISA-Technologie
AEI-Forschende entwickeln neuartige besonders genaue Testumgebung, um im Labor Technik für LISA, das geplante Gravitationswellen-Observatorium im All, zu überprüfen
Zum ersten Mal ist es gelungen, Lasermesstechnik für LISA in irdischen Laboren nahezu unter Missionsbedingungen zu prüfen. Der Durchbruch gelang einem Team von Forscher*innen unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut; AEI) und des Instituts für Gravitationsphysik an der Leibniz Universität Hannover mit einem neuartigen Experiment. Die Entwicklungsarbeiten knüpfen nahtlos an die LISA-Pathfinder-Mission an, die 2015 bis 2017 LISA-Technologien im All erprobte. LISA ist ein geplantes Observatorium im All, das Gravitationswellen nachweisen soll, die erdgebundene Detektoren nicht empfangen können. Ein Konsortium internationaler Wissenschaftler*innen entwickelt LISA derzeit als Mission der europäischen Raumfahrtagentur ESA. Die AEI-Wissenschaftler*innen zeigen mit ihrem Experiment die Funktionsfähigkeit des LISA-Phasenmeters, das die zentrale Messeinheit des Observatoriums sein wird. Der Aufbau lässt sich außerdem leicht für weitere Tests erweitern und kann so andere Schritte der LISA-Messungen überprüfen und die Entwicklung der Datenverarbeitung für die Mission unterstützen.
„Das geplante Weltraumobservatorium LISA muss zur Messung von Gravitationswellen strenge Anforderungen an die Genauigkeit aller Komponenten erfüllen“, sagt Dr. Thomas Schwarze, Erstautor des heute in der angesehenen Fachzeitschrift Physical Review Letters veröffentlichten Artikels. „In einem irdischen Labor Bedingungen zu schaffen unter denen sich die enorme Präzision für LISA verifizieren lässt, bedarf großer Sorgfalt. Unser Aufbau schafft nun genau das: Wir können erstmals einen wichtigen Teil der LISA-Technologie unter nahezu realistischen Missionsbedingungen in unseren Laboren testen und zeigen, dass diese wie gewünscht funktioniert.“
LISA – ein Gravitationswellen-Observatorium im All
LISA soll 2034 als Mission der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) ins All starten. Die Mission wird aus drei Satelliten bestehen, die mit Lasern ein gleichseitiges Dreieck mit ca. 2,5 Millionen Kilometern Kantenlänge aufspannen. Durch diesen Formationsflug im All laufende Gravitationswellen verändern diese Abstände um ein Billionstel Meter.
Um solche winzigen Veränderungen nachzuweisen, überwachen und vermessen Instrumente (Phasenmeter) in den LISA-Satelliten das zwischen ihnen ausgetauschte Laserlicht. Sie müssen diese Messung mit höchster Präzision – wie ein extrem genaues Mikrofon mit geringem Eigenrauschen und niedriger Verzerrung – über einen großen Messbereich von 8 bis 10 Zehnerpotenzen ausführen.
LISA-Messungen im irdischen Labor testen
Die Forscher*innen beschreiben in ihrem Artikel einen neuen Aufbau, der erstmals mittels Laserlicht unter nahezu realistischen Bedingungen die LISA-Messung im irdischen Labor simuliert und die Genauigkeit des Phasenmeters überprüft.
Der Aufbau besteht aus einer optischen Bank, die aufgrund ihrer besonderen Konstruktion höchst präzise und stabil ist und die so alle unerwünschten Störquellen zehnmal besser als vorherige Experimente eliminiert. So lässt sich die für LISA erforderliche Genauigkeit im Bereich von Billionstel Metern erreichen.
Auf der optischen Bank werden drei kontrolliert hergestellte Laserstrahlen paarweise überlagert, um so sechs neue Laserstrahlen mit wiederum genau definierten Eigenschaften zu erhalten. Durch geschickte Überlagerung von jeweils drei dieser gemischten Strahlen und Messung ihrer Eigenschaften mit dem Phasenmeter lässt sich dessen Funktion präzise überprüfen.
Erfolgreicher Test unter nahezu realistischen Missionsbedingungen
Das mit dem Aufbau getestete Phasenmeter erfüllt fast im gesamten Messbereich von LISA die Missionsanforderungen. Dieser erfolgreiche Test ist der erste unter nahezu realistischen Bedingungen. Er zeigt, dass sich mit dem neuen Aufbau mit kleinen Veränderungen weitere zentrale Komponenten der LISA-Mission unter noch praxisnäheren Bedingungen überprüfen lassen werden.
„Es ist entscheidend, alle Details der LISA-Mission genau zu verstehen und vorab im Labor zu testen“, erklärt Apl. Prof. Gerhard Heinzel, Leiter der Arbeitsgruppe für Weltrauminterferometrie am AEI Hannover. „Nur so können wir sicher sein, dass die aufwändige Mission wie geplant funktioniert. Sind die Satelliten einmal in ihren Umlaufbahnen um die Sonne, können wir an der Hardware nichts mehr verändern.“
Zukünftige Gravitationswellen-Astronomie mit LISA
LISA wird niederfrequente Gravitationswellen mit Schwingungsperioden von 10 Sekunden bis zu mehr als einem halben Tag messen, die mit Detektoren auf der Erde nicht beobachtet werden können. Solche Gravitationswellen stammen beispielsweise von extrem massereichen schwarzen Löchern, millionenfach schwerer als unsere Sonne, die im Zentrum von Galaxien verschmelzen, den Bahnbewegungen zehntausender Doppelsternsysteme unserer Galaxie und möglicherweise von exotischen Quellen wie kosmischen Strings und dem Echo des Urknalls.
Die Mission LISA Pathfinder hat zwischen Dezember 2015 und Juli 2017 andere LISA-Komponenten im All getestet und gezeigt, dass diese die LISA-Anforderungen im gesamten LISA-Messband übertreffen.
Derzeit führt die ESA mit dem internationalen LISA-Konsortium die Phase-A-Systemstudie durch. Dabei soll zur Vorbereitung der Missionsdurchführung ein vorläufiges Design der Weltraumkomponenten erarbeitet werden.