Prof. Dr. Jürgen Ehlers ist verstorben
Das Albert-Einstein-Institut trauert um seinen Gründungsdirektor.
Jürgen Ehlers beschäftigt sich vor allem mit Fragen der Allgemeinen Relativitätstheorie und der Kosmologie. Bereits in seiner Doktorarbeit lieferte er unter anderem einen der ersten Beiträge zu dem, was später zur Theorie der Schwarzen Löcher wurde. Er definierte den „Point of no return“ – jenen, später „Ereignishorizont“ genannten Abstand vom Zentrum eines Schwarzen Loches, an dem die Schwerkraft so stark wird, dass nicht einmal Licht entkommen kann und damit auch keine Information darüber, was im Inneren des Schwarzen Loches geschieht. In seiner Habilitationsschrift und späteren Arbeiten widmete sich Ehlers der Beschreibung von Materie im Rahmen der Allgemeinen Relativitätstheorie und der Anwendung der so entwickelten Modelle auf die Kosmologie.
Darüber hinaus arbeitete Jürgen Ehlers über die Theorie der Gravitationswellen. Diese „Kräuselungen der Raumzeit“ werden bei beschleunigten Bewegungen massereicher Gebilde, wie etwa dem Zusammenprall Schwarzer Löcher, erzeugt. „Der plötzliche Tod von Jürgen Ehlers hat uns tief erschüttert!“, so Prof. Hermann Nicolai, Geschäftsführender Direktor des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik. „Bis zum allerletzten Tag war er ein begeisterter Forscher und brillanter Wissenschaftler. Trotz seiner herausragenden wissenschaftlichen Leistungen blieb Jürgen Ehlers immer ein bescheidener Mensch, der uns stets wie ein väterlicher Freund unterstützte.“
Jürgen Ehlers (29.12.1929 - 20.5.2008)
Jürgen Ehlers, geboren am 29.12.1929 in Hamburg, studierte dort von 1949 bis 1955 Physik, Mathematik und Philosophie. Im Jahre 1958 wurde er unter Doktorvater Pascual Jordan promoviert und habilitierte sich 1961 ebenda. Nach Lehr- und Forschungstätigkeiten in Kiel, Syracuse (NY), und Hamburg nahm er Einladungen in die USA an, wo er 1964 - 1965 am „Graduate Resarch Center of the Southwest“ in Dallas und von 1965 - 1971 in Austin (beides Texas) wirkte, ab 1967 als Professor of Physics. Durch Gastprofessuren in Würzburg und Bonn hielt er den Kontakt mit deutschen Kollegen aufrecht. 1971 nahm Jürgen Ehlers einen Ruf an das Max-Planck-Institut für Physik und Astrophysik in München an, wo er als Wissenschaftliches Mitglied bis 1995 die Abteilung „Gravitationstheorie“ leitete. Mit der Gründung des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut) in Potsdam-Golm im Jahre 1995, dessen erster Direktor er wurde, war er federführend an der Etablierung eines eigenständigen Forschungsinstituts auf dem Gebiet der Gravitationsphysik in Deutschland beteiligt. Jürgen Ehlers wurde 1998 emeritiert, war jedoch bis zu seinem letzten Lebenstag wissenschaftlich aktiv.
Jürgen Ehlers wurde für seine wissenschaftlichen Leistungen mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit der Max-Planck-Medaille der Deutschen Physikalischen Gesellschaft und der Volta-Medaille in Gold der italienischen Universität Pavia. Er war Gründungsmitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften sowie Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz, der Deutschen Akademie für Naturforscher Leopoldina, Halle und der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, München. Ehlers war Honorary Fellow des Inter University Centre for Astronomy and Astrophysics (IUCAA) in Puna, Indien. Von 1995 – 1997 stand er als Präsident der International Society of General Relativity and Gravitation vor.