LISA Pathfinder hebt ab

Bedeutender Schritt zum Gravitationswellen-Observatorium im All am 100-jährigen Jubiläum von Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie

3. Dezember 2015

Heute Morgen startete die Satellitenmission LISA Pathfinder auf einer Vega-Rakete vom Europäischen Weltraumbahnhof in Kourou (Französisch-Guyana). Sie soll Technologien zur Gravitationswellen-Beobachtung aus dem All testen. „Diese Mission ist ein großer Schritt hin zu einen Gravitationswellen-Detektor im All. 96% des Universums können wir nicht mit herkömmlichen astronomischen Methoden beobachten. Eine zukünftige Mission wie eLISA wird Gravitationswellen z.B. von extrem massereichen schwarzen Löchern empfangen und uns das gravitative Universum erschließen“, sagt Prof. Dr. Karsten Danzmann, Direktor am Albert-Einstein-Institut und Professor an der Leibniz Universität Hannover.

Das hochempfindliche Messsystem von LISA Pathfinder

In den zwei separaten Vakuumtanks der wissenschaftlichen Nutzlast von LPF sollen während des Missionsbetriebs jeweils eine würfelförmige Testmasse von zwei Kilogramm (nahezu) frei von allen inneren und äußeren Störkräften schweben und so die präzise Vermessung einer kräftefreien Bewegung im Raum demonstrieren. Eine spezielle Gold-Platin-Legierung sorgt dafür, dass auf die Massen keine magnetischen Kräfte wirken; eine berührungslose Entladung mit Hilfe von UV-Strahlung stellt sicher, dass keine elektrostatische Aufladung erfolgt. Eine besondere Herausforderung stellt dabei der sogenannte Caging-and-Venting-Mechanismus dar, der die Testmassen während der heftigen Vibrationen beim Start von LISA Pathfinder sichert, sie kontrolliert freigibt und sie gegebenenfalls auch wieder einfängt. Mittels Laserinterferometrie werden die Positionen und die Ausrichtung der beiden Testmassen relativ zum Satelliten und zueinander mit bisher unerreichter Genauigkeit von etwa 10 Pikometern (ein hundertmillionstel Millimeter) gemessen. Darüber hinaus werden die Positionen über kapazitive Inertialsensoren mit geringerer Genauigkeit erfasst. Die Messdaten werden dazu verwendet, mit Hilfe eines „Drag-Free Attitude Control System (DFACS)“ die Sonde so zu steuern, dass sie gewissermaßen stets auf eine der Testmassen zentriert bleibt. Die eigentliche Lageregelung des Satelliten erfolgt dabei durch Kaltgas-Mikronewton-Triebwerke. Diese ermöglichen eine extrem feine und gleichmäßige Regelung des Antriebschubs. Die Schubkräfte liegen im Bereich von Mikronewton – dies entspricht der Gewichtskraft eines Sandkorns auf der Erde.

Wegbereiter für eine neue Astronomie

LISA Pathfinder ist Wegbereiter für eLISA, ein großes Weltraumobservatorium, das eines der am schwersten fassbaren astronomischen Phänomene direkt beobachten soll – Gravitationswellen. Der Nachweis dieser von Albert Einstein im Jahr 1916 vorhergesagten winzigen Verzerrungen der Raumzeit erfordert eine sehr empfindliche und hochpräzise Messtechnik.

Weltraumobservatorien wie eLISA werden Gravitationswellen mit Frequenzen im Millihertz-Bereich nachweisen, wie sie Paare extrem massereicher schwarzer Löcher oder Doppelsternsysteme aus weißen Zwergen aussenden. So ergänzen sie irdische Detektoren wie GEO600, aLIGO und Virgo, die bei höheren Frequenzen (im Audiobereich) Gravitationswellen von weniger massereichen Objekten aufspüren sollen.

Im Zusammenspiel mit anderen astronomischen Methoden werden diese Gravitationswellen-Observatorien bisher noch unbekannte Bereiche beobachten, gleichsam die dunkle Seite des Universums. Mit eLISA wollen die Forscher in 20 Jahren verfolgen, wie massereiche schwarze Löcher entstehen, wachsen und miteinander verschmelzen. Und auch die Entwicklung von Galaxien während der gesamten Vergangenheit des Universums wird sich erfassen lassen. Außerdem soll eLISA Vorhersagen der Allgemeinen Relativitätstheorie überprüfen und nach bisher unbekannter Physik suchen.

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