Sperrfrist bis: 30.05.2026 10:00 MESZDie Studie, auf der dieser Artikel beruht, ist noch nicht veröffentlicht. Dieser Artikel dient als Vorabinformation für Medienschaffende, die URL der Seite darf nicht vor dem Ende des Embargos im Internet verbreitet werden!

Durchbruch bei der Simulation kollidierender Neutronensterne

Bisher längste konsistente numerisch-relativistische Simulation zeigt Details der Entstehung Schwarzer Löcher und Jets und ist ein wichtiger Schritt für die Multi-Messenger-Astronomie

30. Mai 2025

Auf den Punkt gebracht

  • Simulationsrekord: Ein internationales Team unter der Leitung von Forschenden des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut) hat die bisher längste und komplexeste Simulation einer Verschmelzung von zwei Neutronensternen durchgeführt. Sie zeigt 1,5 Sekunden in Echtzeit.
  • Das vollständige Bild: Die Simulation, für die 130 Millionen CPU-Stunden benötigt wurden, berücksichtigt die Effekte der allgemeinen Relativitätstheorie, der Neutrino-Strahlung und der Magnetohydrodynamik. Sie zeigt den schnellen Kollaps zum Schwarzen Loch und die anschließende Bildung eines Jets.
  • Wertvolle Vorhersagen: Ergebnisse der Simulation sind das ausgesendete Gravitationswellen-Signal, der Verlauf des Neutrino-Ausbruchs, die Kilonova und der Materieauswurf des Verschmelzungsüberrests. Dies liefert wertvolle Informationen für die Multi-Messenger-Astronomie künftiger Ereignisse – die Beobachtung verschiedener Signale von derselben Quelle.

Die längste und komplexeste Simulation

Verschmelzende Neutronensterne sind hervorragende Ziele für die Multi-Messenger-Astronomie. Denn sie senden Gravitationswellen, Neutrinos und Strahlung im gesamten elektromagnetischen Spektrum aus. Um künftige Beobachtungen dieser Ereignisse bestmöglich nutzen zu können, sind genaue Modelle und Vorhersagen der erwarteten Signale erforderlich.

„Es ist extrem schwierig, Multi-Messenger-Signale verschmelzender Neutronensterne aus grundlegenden physikalischen Prinzipien vorherzusagen. Das ist uns jetzt gelungen“, sagt Kota Hayashi, Postdoktorand in der Abteilung Numerische und Relativistische Astrophysik am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut) im Potsdam Science Park. „Mit dem Supercomputer Fugaku in Japan haben wir die bisher längste und komplexeste Simulation verschmelzender Neutronensterne durchgeführt.“

Die Simulation zeigt 1,5 Sekunden der Verschmelzung in Echtzeit, benötigte 130 Millionen CPU-Stunden und beschäftigte zwischen 20.000 und 80.000 CPUs gleichzeitig. Sie berücksichtigt die Effekte von Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie, die Neutrino-Strahlung und die Wechselwirkung starker Magnetfelder mit der dichten Materie im Inneren der verschmelzenden Neutronensterne.

Dieses Video zeigt die bislang längste und komplexeste konsistente Simulation einer Verschmelzung zweier Neutronensterne mit der Entstehung eines Schwarzen Lochs und eines Jets.

Entstehung eines Jets und eines Schwarzen Lochs aus einer Neutronenstern-Verschmelzung

Dieses Video zeigt die bislang längste und komplexeste konsistente Simulation einer Verschmelzung zweier Neutronensterne mit der Entstehung eines Schwarzen Lochs und eines Jets.
https://www.youtube.com/watch?v=ehZTVPU04wE

Ein vollständiges Bild

Die Simulation basiert auf sehr wenigen Annahmen: Neutronensterne mit starken Magnetfeldern, die einander umrunden. Sie beschreibt wie sich das Doppelsternsystem im Laufe der Zeit aufgrund fundamentaler physikalischer Prinzipien entwickelt. „Unsere neue Simulation zeigt den Doppelstern konsistent in allen Phasen seiner Entwicklung: Annäherung, Verschmelzung und die Zeit danach mit der Entstehung eines Jets. Sie liefert das erste vollständige Bild des gesamten Prozesses und damit wertvolle Informationen für künftige Beobachtungen solcher Ereignisse“, erklärt Kota Hayashi.

Anfänglich unrunden sich die beiden Neutronensterne (mit der 1,25- und 1,65-fachen Masse unserer Sonne) fünfmal. Während dieser Annäherungsphase fallen sie aufeinander zu, weil sie Bahnenergie verlieren, die in Form von Gravitationswellen abgestrahlt wird. Weil ihre Gesamtmasse groß ist, kollabiert der Verschmelzungsrest sofort zu einem Schwarzen Loch. Die Simulation sagt das Gravitationswellen-Signal voraus. Es ist das erste der Multi-Messenger-Signale, das sich beobachten lässt.

Nach der Verschmelzung bildet sich eine Materiescheibe um das zurückgebliebene Schwarze Loch. In der Scheibe wird das Magnetfeld durch das Aufwinden der Feldlinien und Dynamoeffekte verstärkt. Dann wechselwirkt die schnelle Rotation des Schwarzen Lochs mit dem Magnetfeld und intensiviert es noch weiter. Dadurch entsteht ein Energieausfluss entlang der Rotationsachse des Schwarzen Lochs.

„Wir gehen davon aus, dass dieser Energiefluss entlang der Achse des Schwarzen Lochs, den Magnetfelder antreiben, einen Gammastrahlenblitz auslöst“, sagt Masaru Shibata, Direktor der Abteilung Numerische und Relativistische Astrophysik. „Das stimmt mit dem überein, was wir aus früheren Beobachtungen wissen, und gibt uns weitere Einblicke in die inneren Abläufe von Neutronensternverschmelzungen.“

Multi-Messenger-Vorhersagen

Das Team nutzt die Simulation auch, um Vorhersagen über die zu erwartende Neutrinoemission zu machen. Außerdem liefert die Simulation Informationen darüber, wie viel Materie in das interstellare Medium ausgestoßen wird und erlaubt es so die Kilonova vorherzusagen. Das ist die leuchtende Gas- und Staubwolke, die reich an schweren Elementen ist.

Dieses Ergebnis ist ein wichtiger Beitrag zur Multi-Messenger-Astronomie. Es bringt Vorhersagen von Gravitationswellen, elektromagnetischen Signalen und Neutrinoemissionen zu einem in sich konsistenten Bild zusammen. „Was wir über die Entstehung von Jets und die Dynamik der Magnetfelder gelernt haben, ist entscheidend für unsere Interpretation und unser Verständnis von verschmelzenden Neutronensternen mit ihren Begleiterscheinungen“, erklärt Masaru Shibata.

Weitere interessante Beiträge

Zur Redakteursansicht