Mit Quetschlicht zum Weltrekord
Licht mit besonderen Quanteneigenschaften ermöglicht erstmals vollkommen neuartiges Verfahren zur Bestimmung der Quantenausbeute von Photodetektoren
Sogenanntes gequetschtes Laserlicht hat maßgeschneiderte Quanteneigenschaften und erlaubt präzisere Messungen als gewöhnliches Laserlicht. Es wird seit sechs Jahren erfolgreich am Gravitationswellen-Detektor GEO600 nahe Hannover eingesetzt und verbessert dessen Messgenauigkeit erheblich. In einem Grundlagen-Experiment haben Forscher des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut, AEI) und der Leibniz Universität Hannover nun das am stärksten gequetschte Laserlicht erzeugt und ihren bisherigen Weltrekord weit übertroffen. Zudem ermöglicht das Rekordlicht ein neues Verfahren, um die Quantenausbeute von Photodetektoren zu ermitteln. Dieses ist unabhängig von bisherigen Verfahren und erfordert keine aufwändig kalibrierten Referenzlichtquellen.
Handwerkszeug für die Gravitationswellen-Astronomie
Laserlicht ist das Handwerkszeug der Gravitationswellen-Astronomie, die vor einem Jahr mit dem ersten direkten Nachweis verschmelzender Schwarzer Löcher begann. Interferometrische Detektoren wie Advanced LIGO, Virgo und GEO600 vermessen kilometerlange Lichtlaufstrecken auf Bruchteile eines Atomkerns genau mittels Lasern.
Die Messgenauigkeit dieser Detektoren ist auch durch das quantenmechanische „Rauschen“ des Lichts begrenzt. Daher arbeiten AEI-Forschende seit mehreren Jahren an der Entwicklung immer besserer Speziallichtquellen, deren Quantenrauschen besser ist als die Natur üblicherweise erlaubt – sogenanntes Quetschlicht (s. Kasten mit Hintergrundinformationen unten). Diese kommen bereits seit dem Jahr 2010 im Gravitationswellen-Detektor GEO600 nahe Hannover zum Einsatz und verbessern dessen Empfindlichkeit.
Den eigenen Weltrekord gebrochen
Nun haben die Wissenschaftler am AEI in Laborexperimenten ihren eigenen Weltrekord aus dem Jahr 2010 bei der Erzeugung von Quetschlicht übertroffen und eine neue Bestmarke gesetzt. Sie konnten das Quantenrauschen um einen Faktor 32 verringern. Um den neuen Rekord zu erreichen, verbesserten die Physiker bestehende Aufbauten mit besonders verlustarmen optischen Komponenten und eigens optimierten Photodetektoren.
„Wir haben am Albert-Einstein-Institut in den vergangenen Jahren einen einzigartigen Erfahrungsschatz in der Optimierung und Anwendung von Quetschlicht erarbeitet“, sagt Dr. Henning Vahlbruch, wissenschaftlicher Mitarbeiter am AEI. „Aufbauend auf unseren vorherigen Experimenten konnten wir jetzt erneut unseren eigenen Weltrekord brechen und gleichzeitig erstmals eine neuartige Anwendung des Quetschlichts im Experiment zeigen.“ Vahlbruch ist der Erstautor der nun in Physical Review Letters erschienenen Veröffentlichung, die das Fachjournal als Editors‘ Suggestion und Featured in Physics auszeichnete.
Neues Verfahren zur Ermittlung der Quantenausbeute
Mit dem besonders stark gequetschten Licht lässt sich erstmals auch ein vollkommen neues Verfahren zur Bestimmung der Quantenausbeute von Photodetektoren realisieren. Photodetektoren spielen unter anderem in Gravitationswellen-Detektoren eine wichtige Rolle. Dort registrieren sie das Licht am Ausgang des Detektors, durch dessen Schwankungen sich die Gravitationswellen verraten. Entscheidend dabei ist, wie effizient der Photodetektor das einfallende Licht in Strom umwandelt, die sogenannte Quantenausbeute.
Während bisherige Verfahren zur Ermittlung der Quantenausbeute besondere hochpräzise kalibrierte Lichtquellen erfordern, ist dies bei der in Hannover neu entwickelten Methode überflüssig. Der Trick ist die Einfachheit der Messung. Die mittels Photodetektoren gemessene Quetschstärke des Laserlichts könnte prinzipiell beliebig hoch sein, ist aber von den auftretenden optischen Verlusten begrenzt.
In ihrem Experiment bestimmten die Hannoveraner Physiker einen Gesamtverlust von 2,5% ± 0,1% des Lichts. Nun mussten die Physiker lediglich alle Lichtverluste an Linsen, Spiegeln und anderen optischen Elementen bestimmen. Sie fanden heraus, dass sich auf diese Weise 2,0 Prozentpunkte des Gesamtverlusts erklären ließen. Die restlichen 0,5% sind daher der Verlust des Photodetektors. Damit erhielten die Wissenschaftler eine Quantenausbeute von 99,5% ± 0,5% für den von Ihnen optimierten Photodetektor.
„Unser neues Verfahren ist eine elegante Lösung zur Bestimmung der Quantenausbeute, weil es gewissermaßen deren direkte Messung ist“, sagt Dr. Moritz Mehmet, wissenschaftlicher Mitarbeiter am AEI und Koautor der Veröffentlichung. „Wir umgehen mit dem Quetschlicht geschickt die aufwändige Kalibrierung von Referenzlichtquellen. Und ein weiteres Plus ist, dass man unser Verfahren recht simpel bei verschiedenen Lichtintensitäten anwenden kann.“
Technologie für empfindlichere Gravitationswellen-Detektoren
Zukünftig wird der nun erzielte Weltrekord bei gequetschtem Licht auch Anwendung in Gravitationswellen-Detektoren wie Advanced LIGO, Virgo und GEO600 finden. Deren Empfindlichkeit wird sich langfristig durch die Verwendung von ähnlichen Quetschlichtquellen und Minimierung der optischen Verluste weiter steigern lassen. Auch geplante Detektoren der dritten Generation wie das Einstein Telescope werden auf diese Technologie angewiesen sein.
Laborexperimente mit noch stärker gequetschtem Licht werden zudem präzisere Messungen der Quantenausbeute von Photodetektoren ermöglichen. Diese können langfristig eine unabhängige und genaue Alternative zu den etablierten Verfahren darstellen und weitere Anwendungen in der Quantenmetrologie ermöglichen.