Gravitationswellen, künstliche Intelligenz und autonome Fahrzeuge

Dr. Marlin Schäfer, einstmals erster Masterstudent der Gruppe, bricht nach erfolgreicher Doktorarbeit in die angewandte Forschung auf

25. Januar 2023

Wie sind Sie ursprünglich an unser Institut gekommen?

Den ersten Kontakt hatte ich während meiner Bachelorarbeit, die sich bereits um Gravitationswellen drehte. Um ein paar Fragen zu klären, habe ich damals Kontakt mit einer Doktorandin am AEI aufgenommen. Sie hat mir bereitwillig und umfassend geholfen.

Während der Schlussphase meiner Bachelorarbeit stieß ich auf eine Veröffentlichung, die Machine Learning mit der Suche nach Gravitationswellen verbunden hat. Das wollte ich dann unbedingt in meiner Masterarbeit machen.

Da ich wusste, dass das Institut viel in Richtung Gravitationswellen-Suche macht, habe ich versucht, einen Betreuer oder eine Betreuerin zu finden, die auch Lust auf das Thema hat. In dem Semester habe ich eine Vorlesung bei Frank Ohme belegt und auch ihn gefragt. Glücklicherweise war Platz in seiner Gruppe.

Viel besser hätte ich es, glaube ich, nicht treffen können!

Kurz zusammengefasst: Welche Fragen haben Sie dann in Ihrer Masterarbeit untersucht?

Wir haben versucht Gravitationswellen von verschmelzenden Neutronensternen mithilfe von neuronalen Netzen – einer Art künstlicher Intelligenz – nachzuweisen. Dafür gab es zu dem Zeitpunkt noch keine Arbeiten. Und weil die Signale viel länger und schwächer sind, ist das Problem deutlich komplizierter als das Aufspüren von Gravitationswellen verschmelzender Schwarzer Löcher.

Wir haben uns dann darauf konzentriert, die Methode mit künstlichen Intelligenzen zu entwickeln und sie mit existierenden Methoden zu vergleichen. Es hat funktioniert, wenn auch leider nicht so gut wie traditionelle Verfahren.

Wie ging es nach der Masterarbeit weiter?

Ich hatte super viel Spaß an meiner Masterarbeit; zum einen weil ich das Thema extrem spannend fand, und zum anderen, weil das Arbeitsumfeld am Institut absolut klasse ist. Ich habe also schon während der Masterarbeit gefragt, ob es eine Möglichkeit zur Promotion am Institut gibt. Glücklicherweise konnte ich direkt im Anschluss an meine Masterarbeit anfangen zu promovieren.

Ihre Doktorandenzeit fiel fast komplett in die Pandemie mit all ihren Einschränkungen. Wie hat das Ihre Arbeit beeinflusst?

Zu Anfang war es natürlich sehr ungewohnt und eine sehr unsichere Zeit. Ich denke, die ersten drei Monate waren vermutlich nicht sehr produktiv. Dann bin ich aber mit meiner Freundin zusammengezogen und hatte in der neuen Wohnung ein eigenes Arbeitszimmer. Zusammen hat das einen riesigen Unterschied gemacht und ich habe schnell meinen Rhythmus gefunden. Inzwischen denke ich, dass ich zuhause oft produktiver war als ich es im Büro gewesen wäre.

In der Hinsicht war die Pandemie für mich vielleicht sogar hilfreich.

Es ist aber sehr schade, dass ich kaum reisen konnte in dieser Zeit und keine internationale Konferenz außerhalb Deutschlands erlebt habe.

Mit einer Dauer von nur rund drei Jahren haben Sie schnell promoviert. Was sind die wichtigsten Ergebnisse Ihrer Dissertation?

Langfristig das wichtigste Ergebnis wird vermutlich sein, dass wir in verschiedenen Arbeiten aufgezeigt haben, wie man Gravitationswellen-Suchen, die auf künstlichen Intelligenzen basieren, objektiv mit traditionellen Algorithmen vergleicht. Ich denke, das ist eine wichtige Basis für die zukünftige Entwicklung des Forschungsfeldes.

Kurzfristig haben wir gezeigt, dass es durchaus Bereiche gibt, in denen künstliche Intelligenzen schon jetzt Vorteile gegenüber traditionellen Such-Algorithmen haben. Diese Bereiche sind zwar noch recht klein, können aber hoffentlich bald erweitert werden. Außerdem haben wir gezeigt, welche großen Baustellen dabei noch verbleiben.

Wohin führt Sie Ihr Weg nun nach erfolgreicher Verteidigung der Dissertation und Erhalt des Doktorgrads?

Nachdem ich mit meiner Promotion die wichtigsten Fragen beantwortet habe, die ich zur Anwendung von künstlichen Intelligenzen im Bereich der Gravitationswellen-Suche hatte, wende ich mich nun neuen Aufgaben zu – dieses Mal in der Wirtschaft. Ich werde in Zukunft an der Entwicklung autonomer Fahrzeuge forschen.

Was motiviert Sie zum Wechsel in die freie Wirtschaft, weg von der akademischen Forschung?

Für mich ist es zunächst nur ein kleiner Wechsel. Ich bleibe in der Forschung, nun aber in der Industrie. Die Wirtschaft bietet für mich zwei entscheidende Vorteile: Zum einen gibt sie einem Planungssicherheit, da man nicht alle paar Jahre den Standort wechseln muss, zum anderen sind auch die Gehälter höher.

Dafür verliert man aber auch die Freiheit, die eigenen Fragen zu erforschen. Es hat also Vor- und Nachteile.

Da ich aber während meiner Promotion bereits ein Praktikum in dem Unternehmen machen durfte, weiß ich bereits grob, was auf mich zukommt. Ich freue ich mich schon sehr!

Inwiefern können Sie Ihre am Institut erworbenen Kenntnisse nun bei Ihrem neuen Arbeitgeber einbringen?

Dadurch, dass ich an künstlichen Intelligenzen geforscht habe, habe ich natürlich Wissen erworben, das in der Wirtschaft derzeit sehr begehrt ist. Ich müsste lügen, wenn ich behaupten würde, dass das kein Faktor bei meiner Entscheidung für die Promotion war.

Welche Erfahrungen aus der Zeit in der Forschung sind Ihrer Ansicht nach besonders wertvoll?

Es ist so, dass man in der Forschung sehr viele Fähigkeiten erlangt, die generell wertvoll sind.

Man lernt Standpunkte kritisch zu hinterfragen und sie methodisch zu testen. Man lernt Modelle zu erstellen und neue Ideen zu kommunizieren. Auf Konferenzen sammelt man Erfahrungen im Networken, in gemeinschaftlichen Forschungsprojekten lernt man internationale Kommunikation und Diskussionskultur. Je nach Promotion lernt man auch Anträge für Fördermittel zu schreiben, ein Budget zu erstellen, oder ein Projekt zu leiten. All das sind Dinge, die einen hervorragend auf ein Arbeitsleben außerhalb der akademischen Welt vorbereiten und die mir hoffentlich in Zukunft noch viel helfen werden.

Danke für das spannende Gespräch. Wir wünschen Ihnen alles Gute und viel Erfolg am neuen Arbeitsplatz!

Zum Abschluss möchte ich mich nochmal ganz herzlich bei allen Kolleginnen und Kollegen am Institut bedanken! Ich hatte eine fantastische Zeit hier und ich verlasse das Institut mit vielen tollen Erinnerungen und neuen Freunden! Ich hoffe man trifft sich von Zeit zu Zeit!

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